Ein zentraler Anspruch der «ZweGiele» war von Anfang an eine Neugestaltung, die nach der bestmöglichen Implementierung in die bestehenden Räumlichkeiten und Strukturen der Hotelfachschule Thun strebt. Nicht nur, um den Baukosten und der Thematik der Nachhaltigkeit gerecht zu werden, sondern auch, um einen respektvollen Umgang mit der Gebäudegeschichte zu wahren. Der gesamte Gebäudekomplex mit seiner Parkanlage und der Nähe zum Thunersee stammt aus dem Jahre 1985 und ist als «erhaltenswertes Objekt» im Bauinventar der Stadt Thun eingetragen. Diese Ausgangslage hat eine Architektur des Bewahrens geschaffen, sowie eine Innenarchitektur, die mit der unmittelbaren Park- und Seelandschaft im Dialog steht.
Die Innenarchitektur ist bewusst offen und flexibel gestaltet, um grösstmögliche Lichtdurchflutung zu erlangen. Die Idee, die grossen Räumlichkeiten durch textile und flexible Raumtrenner zu unterteilen, bietet den diversen Nutzungen genügend Spielraum und sorgt für ein angenehmes und offenes Raumklima. Die flexible Innenarchitektur, gemeinsam mit dem eigens für die Schule entwickelten Mobiliar, bieten den Studierenden und Dozierenden eine fortlaufende Möglichkeit, stets ihr eigenes Schul- und Arbeitsfeld den jeweiligen Bedürfnissen neu anzupassen. Dieser beiläufig entstehende Lerneffekt in der Thematik der Innenarchitektur kann für die Studierenden, respektive zukünftige Hotelier, nur von Vorteil sein.
Die ganze Gestaltung der Hotelfachschule mit eigenem Hotelkomplex folgt der Ästhetik der Verschmelzung von Flexibilität, Innovation und Didaktik. Geführt durch die jugendliche Frische und Kreativität der Studierenden, Dozierenden und Mitarbeitenden.
Ein eigenes Augenmerk in der Gestaltung der neuen Hotelfachschule Thun ist sicherlich das speziell für die Hotelfachschule Thun entwickelte und einzigartige Design des Mobiliars und der Ausstattung. Dieses fungiert nicht nur als Bindeglied zwischen Architektur und Mensch, sondern ist auch Ausdrucksmittel und formeller Botschafter für die gegenwärtigen Thematiken der Multifunktion und Nachhaltigkeit, sowie des Customizings und der Kreativität. Sie beeinflussen stark die Ästhetik der Gesamtgestaltung und unterstützen in ihrer jeweiligen Funktion den Schul- und Hotelbetrieb auf gekonnte Weise.
Die Prozesse der Ideenfindung, Entwicklung und der darauffolgenden Realisierung dieser einzigartigen Designs erfolgten stets in enger Zusammenarbeit mit der Hotelfachschule Thun und den jeweiligen Fachleuten. Kleinere und handliche Designelemente sind im eigenen Minimarkt der Hotelfachschule als Souvenir erhältlich Der Gast kann somit ein Stück Designerlebnis der Hotelfachschule Thun in die ferne Heimat mitnehmen.
Die Neugestaltung des Schultraktes und die Realisierung eines eigenen Hotels fungieren für die eingeschriebenen Studierenden der Hotelfachschule Thun als einzigartige Ausbildungsstätte. Die Studierenden können in direkter Nachbarschaft ihres Klassenzimmers die Lebendigkeit ihres eigenen Hotels erkunden und sich mit sämtlichen Thematiken der Hotellerie direkt auseinandersetzen. Ihre Anliegen und schulischen Bedürfnisse waren immer im Mittelpunkt der Planung der neuen Hotelfachschule. Ein anfänglicher Wissensaufbau hinsichtlich Lehrgänge und Unterrichtsformen eines Hotelfachschulstudierenden waren für die «ZweGiele» seit Anbeginn der Planung ein unumstössliches Muss. Das spezielle Design und die innovative Innenarchitektur bieten deshalb für deren Schulung ein grosses Repertoire diverser Lernbeispiele für zukünftige Hotelplanungen. Neben dem Präsenzunterricht ist die parallel dazu verlaufende Digitalisierung eines Schulunterrichts auch in der Hotelfachschule nicht mehr wegzudenken. Diese wachsende Digitalisierung ist unweigerlich mit der Akkulaufzeit der Geräte verbunden. Als symbolisches Zeichen hierfür, stehen die speziell für die Hotelfachschule entworfenen Stromanschlüsse über den Tischen des Co-Workings.
Dank eines Spiralkabels kann jeweils für das Notebook oder Smartphone direkt Strom aus den neuen Lichtschienen bezogen werden. Ihr auffallendes Design ist gleichzeitig ein räumlicher Blickfang, eine klare Botschaft «hier gibt’s Strom» und eine symbolische Hommage an die digital vernetzte Generation der Studierenden der Hotelfachschule Thun.
Die neue Grafik ist ein Narrativ aus Signaletik, geometrischer Ornamentik, Informationssystem und wahrhaftiger Persönlichkeit. Sie steht im direkten Einklang mit der neuen Innenarchitektur, respektive deren Geometrie und Farbenwelt. Beim genauen Hinsehen wird eine Vielzahl von Anlehnungen an Schul- sowie Hotelbetrieb und Umwelt wahrnehmbar. Durch das bewusste Implementieren der Kalligrafie in die Signaletik mit den urzeitlichen Elementen wie Kreide und Tafel eröffnet sich die Möglichkeit für Studierende, Personal und Besucher:innen, die Grafik zusätzlich persönlich zu etikettieren. Es entsteht somit eine interaktive, wandelbare, multikulturelle und im wahrsten Sinne des Wortes lebendige Signaletik, die immer wieder auf ein Neues überrascht. Dank der engen Zusammenarbeit mit der Werbeagentur «Blitz und Donner» konnte unser Wunsch nach einer starken Kongruenz in sämtlichen typografischen Auftritten der neuen Hotelfachschule Thun zu Realität werden. Die Signaletik mit der auffallenden Ornamentik versteht sich nicht nur als stilistisches Designelement oder Leitsystem der neuen Hotelfachschule Thun. Gemeinsam mit der Institution «procap» wurde zum Beispiel die rautenförmige Netzstruktur speziell auch für Personen mit Sehbehinderung entwickelt. Je nach Bedürfnis kann diese netzartige Ornamentik in der Wahrnehmung transparenter oder dichter geknüpft werden. Durch Lichteinfall werden gewisse Elemente der Signaletik Dank der Schattenbildung im Ausdruck verstärkt. Ein besonderes Licht- und Schattenspiel findet beim Vogelschutz auf den grossen Fensterflächen statt. Sie erfüllt nicht nur ihre Schutzfunktion für Vögel, sondern beinhaltet gleichzeitig das neue Werbelogo der Schule und des Hotels. Die Veränderung der Sonneneinstrahlung lässt an der Korridorwand bewegende Bilder von «Schattenvögel» entstehen.
«The Lab Hotel» ist nicht nur das Alleinstellungsmerkmal der neuen Hotelfachschule Thun, sondern auch das Kernstück der neuen Gesamtplanung. Aus drei bestehenden Wohntrakten für Studierende wurden jene zwei, die an das Schul- und Hauptgebäude angrenzen, zum hauseigenen Dreisternehotel umfunktioniert. Mit gezielten minimalen Eingriffen in die bestehenden Wand- und Tragstrukturen wurden aus der ehemals kleinformatigen Grundrisseinteilung eine Vielzahl neuer Einzelzimmer, Doppelzimmer und «long stay apartments» geschaffen. Die sorgfältige Neu- und Umbauplanung der bestehenden Haustechnik schaffte nicht nur ökonomische Vorteile. Sie unterstützte auch unser Bestreben nach nachhaltigen Baulösungen. Ganz im Sinne der Namensgebung «The Lab Hotel» wurden sämtliche Zimmer, nebst modernem Design und hotelklassifikationsgerechte Standards, mit neuartigen und zukunftsweisende Designansätzen ausgestattet. Sämtliche Ausstattungselemente wurden hinsichtlich Designs und Funktion mehrmals neu reflektiert, um sie bewusst mit zusätzlichen neuen Nutzungspotentialen zu ergänzen. Entstanden ist das einzigartige «The Lab Hotel», das dem Hotelgast ein unvergessliches Designerlebnis und den Studierenden ein neuartiges Forschungsfeld bietet. Mit allen Facetten der Hotellerie.
Einen Sonderstatus im Forschungsfeld von «The Lab Hotel» nimmt sicherlich das hauseigene «Kapselhotels» ein, das nach japanischem Vorbild in unsere europäischen Schlafkultur implementiert wurde. Das ausgeklügelte Zusammenfügen der Schlafkapseln schafft auf einer einzigen Zimmerfläche sechs vollwertige getrennte Schlafeinheiten. Mit geschlechtlich getrennten Korridoren und Nasszellen. Das «Kapselhotel» unterscheidet sich hinsichtlich mehrerer Aspekte deutlich von den standardisierten japanischen Vorreitern. Besonders Wert wurde auf warme und weiche Materialien gelegt. Spezielle Spiegel sorgen zudem für eine optische Vergrösserung der Kapseldimensionen. Das eigentliche Novum bildet aber die unvergleichbare Umkleidekabine mit «pop up»-Treppe. Jede Kapsel verfügt über eine persönliche Umkleidekabine, die dem Gast beim Umziehen Privatsphäre bietet.
Für die «ZweGiele» war und ist der Aspekt der Nachhaltigkeit in der Gestaltung von Architektur und Design ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt. Zu Beginn jeglicher Umbauplanung werden die bestehenden Gebäudestrukturen und vorhandenen Komponenten sorgfältig hinterfragt. Bei der Neugestaltung der Hotelfachschule Thun lag ein zusätzlicher Fokus auf der vorhandenen grossen Vielfalt an Ausstattungselementen wie Möbel und Leuchten bis hin zu Dekorationselementen. Anfängliche Sondierungen zu Mengen, Qualitätszustand und Designrelevanz führten bereits beim Beginn des Gestaltungsprozesses zu spannenden Lösungsansätzen. Viele Ausstattungselemente erhielten durch gezielte Restaurierung oder «customizing» eine Daseinsberechtigung in der neu gestalteten Innenarchitektur und damit einen zweiten Lebenszyklus. Die Neugestaltung schafft parallel dazu zusätzliche Restmaterialien. Die «ZweGiele» nahmen sich dieser Restproblematik der Materialien an und kreierten weitere Designelemente, die im Hotelzimmer jeweils einen neuen Nutzen finden. Gemeinsam mit der Verwendung kreislaufwirtschaftlicher Materialien stehen sie nun als «Vermittler» nachhaltigen Bauens für Studierende und Hotelgäste zur Verfügung.
«The Lab Hotel» der Hotelfachschule Thun verfügt im Erdgeschoss über einen zusätzlichen Sondertrakt mit diversen visionären «Lab Rooms». Gemeinsam mit verschiedenen Beteiligten und Studierenden entstand eine einzigartige Plattform für experimentelle Feldforschung für die Hotellerie. Gleich an Ort und Stelle. Mit den Rückmeldungen der Hotelgäste entstehen somit neue, auswertbare Erkenntnisse für zukünftige und wegweisende Hotelplanungen. Als wichtige Partner der Hotelfachschule Thun haben die «ZweGiele» folgende zwei experimentelle Zimmerunikate entworfen:
«Upcycling Room»
Zu Beginn der Abbrucharbeiten wurden sämtliche Ausstattungen und Materialien aus den Zimmern und Nasszellen der ehemaligen Studierendenzimmer vorsichtig demontiert und gesammelt, um in der späteren Phase des Ausbaus das visionäre Zimmer «Upcycling Room» erschaffen zu können. Ganz im Sinne der Thematik vom «Upcycling» erfuhren die bewahrten Materialien und Ausstattungselemente durch geschickte Transformation ein zweites Leben und leisten somit ihren Beitrag an die Müll- und Energiereduktion des Umbaus. Die grosse Herausforderung lag in der Gestaltung des Raumes. Das speziell für diesen Raum konzipierte Design unterstreicht auf subtile Weise diese «grüne» Geste des «Upcycling», ohne gleich die Ästhetik des Raumes komplett zu dominieren. Mit eingebauten Sonderfunktionen und speziellen Raumeffekten ist ein erlebnisreicher Zimmeraufenthalt in diesem «Lab Room» garantiert.
«Modular Room»
Der «Modular Room» beinhaltet gleich zwei parallel geführte Experimentierfelder. Die innovative Gestaltung der modularen Schlafzone führte gleichzeitig zu einem kompletten Hinterfragen und Sprengen der klassischen Struktur einer standardisierten Nasszone. Der «Modular Room» ist in seiner Raumunterteilung auf das Minimum reduziert und seine Ästhetik wird nur durch Minimalismus und Monochromie geprägt. Diese extrem transparente Innenarchitektur fungiert bewusst als eine provokative Plattform, um die Grenzen der minimalen Bedürfnisse nach Diskretion in der Schlaf- und Hygienezone zu erforschen. Diese Raumtransparenz, gepaart mit der minimalistischen Ästhetik, bildet gleichzeitig die Szenografie für das einzigartige Design des Schlafmoduls. Es ist das Kernstück in der Gesamtheit des Raumes und stellt gegenüber der statisch geprägten Nasszone das dynamische Experimentierelement dar. Das Schlafmodul ist der erste Prototyp seiner Art und wahrlich das Designkind der «ZweGiele». Dieses vereint sämtliche Elemente eines Hotelzimmers und kann autonom in diversen Räumlichkeiten eingesetzt werden. Einzige Voraussetzung ist ein Stromanschluss und das passende WLAN-Passwort.